Cherry Picking

Cherry Picking (dt. Rosinenpickerei) ist eine Taktik, bei der in einer Debatte, Falschmeldung oder Desinformation nur die „Belege“ zur Argumentation herangezogen werden, die z.B. eine ideologische Einfärbung oder pseudowissenschaftliche Argumentationskette stützen. Oft handelt es sich um einen kleinen, abseitigen oder sogar exotischen Aspekt, der nun zu Unrecht so behandelt wird, als sei er der Normalfall (vgl. False Balance).

Wie funktioniert es?

Beim Cherry Picking werden willkürlich einzelne Punkte herausgepickt und andere ignoriert. Dabei werden Aspekte wie Häufigkeit, Relevanz oder Gewichtung außer Acht gelassen, und es kommt nur darauf an, ob das Herausgepickte die eigene Argumentation stützen kann. Diese Taktik ist also häufig im Kontext des Confirmation Bias (Bestätigungsfehler) anzutreffen. Ein Effekt beim Cherry Picking ist die Aufmerksamkeitsökonomie: Das Außergewöhnliche, das Herausstechende und die Randerscheinungen versprechen mehr Aufmerksamkeit als die umfassende, ausgewogene und sachliche Behandlung eines Themas. Cherry Picking ist als Taktik verwandt mit der False Balance und der Anekdotischen Evidenz.

Ein paar Beispiele

  • Bei der Leugnung des Klimawandels wird ein kurzer Zeitabschnitt oder eine einzelne Arbeit genommen, um die Erderwärmung zu widerlegen. Das wird sowohl strategisch von Lobbygruppen eingesetzt als auch in der Alltagskommunikation: Wenn ein Monat ausnahmsweise kühler als das langjährige Mittel bleibt, glauben sich all jene bestätigt, die nicht verstehen (wollen) was ein statistischer Ausreißer ist.
     
  • Eine geläufige, mehr oder weniger harmlose Form des Cherry Pickings ist die selektive Erinnerung an die „gute alte Zeit“, bei der einzelne, positive Erinnerungen dazu dienen, die Vergangenheit zu verklären, und problematische Strukturen dabei ausgeblendet werden. Diese Geschichtsverklärung kann schnell kritisch werden, wenn sich dadurch ein verzerrtes Bild festsetzt, passiert aber häufig auch unabsichtlich. Ein Anknüpfen an aktuelle Feindbilder ist über einen solchen emotionalen Einstieg ebenfalls leicht möglich (siehe Bild).
Positiv verklärte Erinnerungen knüpfen in diesem Sharepic an aktuelle Feindbilder an.
(Screenshot aus einer Themen-Gruppe auf Facebook zu den "guten alten Zeiten".)

Warum ist sie so gefährlich?

Wie der „Strohmann“ ist auch das Cherry Picking nicht besonders selten oder ausgefeilt, sondern begegnet einem oft sowohl in alltäglichen Gesprächen wie auch in der Medienkommunikation. Das bedeutet aber nicht, dass es sich nicht um eine effektive und gefährliche Taktik handelt, etwa dann, wenn es gezielt als Taktik in der Wissenschaftsleugnung eingesetzt wird. Das ist häufig in der Klimaforschung oder der Medizin. Die Gefahren sind hier ähnlich wie bei der False Balance: Eine Verzerrung des Diskurses, überproportionale Gewichtung von Ausnahmen erschweren die (öffentliche) Kommunikation ungemein und lenken von den realen Problemen ab. Cherry Picking ist im verschwörungsideologischen Denken tief verwurzelt.

Da die Anfälligkeit für den Confirmation Bias grundsätzlich menschlich ist, kann man leicht versucht sein, mit Cherry Picking die eigene Argumentation zu untermauern. Umgekehrt ist es aber auch genau wie die False Balance nicht unbedingt auf Anhieb zu erkennen, wenn man sich einen Bereich außerhalb der eigenen Expertise bewegt.

Was tun, und was nicht?

  • Wenn in einem Gespräch ein Argument genutzt wird, oder eine Behauptung aufgestellt wird, die im Widerspruch zu allem steht, was dir sonst zu dem Thema bekannt ist, recherchiere die Position und die Gewichtung des geäußerten Arguments.
  • Wissenschaftlicher Konsens: Innerhalb der Wissenschaft wird die Qualität von Arbeiten durch Peer Reviews gesichert, damit sichergestellt ist, dass die Ergebnisse der Forschung auf einer möglichst umfangreichen Datengrundlage und standardisierten Methoden beruhen
  • Confirmation Bias: Es kann sinnvoll sein, auch Argumente zu bewerten, die außerhalb der eigenen Komfortzone liegen.

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