How to Demo

1. Hingehen

Gerade gehen in Deutschland Zehntausende gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit auf die Straße. Für viele ist es möglicherweise die erste Demonstration überhaupt.

Hier ist alles, was ihr wissen müsst, wenn ihr vorhabt, zu einer Demo zu gehen:

  • Je größer eine Veranstaltung, je mehr Organisationen dazu aufrufen, desto vielfältiger sind auch die Teilnehmenden. Es wird immer Gruppen oder einzelne Teilnehmende geben, mit denen du weniger anfangen kannst.
    Seit es Demos gibt, gibt es auch kleine Gruppen, die versuchen, Großveranstaltungen zu “kapern” und das öffentliche Interesse für ihr eigenes Anliegen zu nutzen. Das mag nicht unbedingt der beste Stil sein, lässt sich aber kaum vermeiden. Von solchen Gruppen kann man sich als Teilnehmer*in distanzieren, indem man räumlichen Abstand nimmt, Sprechchöre nicht weiterträgt, keine Flyer annimmt und Ähnliches. Redner*innen auf dem Podium können sich auch deutlich gegen solche Unterwanderungsversuche und unerwünschte Teilnehmer*innen aussprechen, der Verweis von einer öffentlichen Kundgebung ist jedoch auch durch sie nicht möglich. Das kann nur die Polizei, und ein Ausschluss ist nur bei grobem Störverhalten möglich.
    Natürlich kann man als Teilnehmer*in das Gespräch suchen, aber in der Regel ist das wenig erfolgversprechend, da die Leute, die diese Strategie wählen, das ja bewusst machen und entsprechend unempfindlich gegen Kritik sind.
  • Die meisten Menschen fühlen sich am wohlsten, wenn sie als Gruppe zu einer Demo oder Kundgebung gehen. Vielleicht kannst du im Vorfeld Leute aus deinem Umfeld ansprechen, mit dir gemeinsam hinzugehen.
  • Wenn du keine Gruppe hast, ist das aber auch nicht schlimm oder ungewöhnlich, Falls du dich unwohl fühlst, kannst du Leute ansprechen und dich zu ihnen stellen. Schau dabei nach Fahnen oder Plakate von Organisationen, mit denen du auf einer Wellenlänge liegst. Das können Parteien sein, Gewerkschaften oder NGOs. Niemand findet es komisch, angesprochen zu werden, im Gegenteil. Oft ergeben sich so interessante Gespräche und Kontakte.

  • Viele Demos und Kundgebungen der letzten Wochen sind wesentlich größer ausgefallen, als von den Veranstaltenden geplant. Das ist natürlich sehr erfreulich, kann aber bei einigen Menschen zu Problemen führen. Wenn du unsicher bist, mach dich im Vorfeld mit dem Ort vertraut. Am besten überlegst du dir vorher, wo du dich am wohlsten fühlst: Stehst du lieber am Rand, mit der Möglichkeit, jederzeit zu gehen, oder willst du geschützt  mitten in der Gruppe stehen?

  • Wetter ist nicht zu unterschätzen. Es kann sehr kalt werden, wenn man drei oder vier Stunden bei Nieselregen und 3 Grad auf einem Marktplatz steht. Zieht euch also der Jahreszeit entsprechend an und in der kalten Jahreszeit tendenziell etwas wärmer.
    Umgekehrt ist es im Sommer essenziell, sich vor der Sonne zu schützen, Sonnencreme, Hut und Wasser mitzunehmen.

  • Thema Schilder und Transparente. Es gibt viele kreative Ideen, das eigene Anliegen zu transportieren, dass du vielleicht das ein oder andere im Bild festhalten willst. Aber Achtung: Nicht jede*r möchte gern fotografiert werden, wenn man nicht weiß, was mit dem Bild anschließend passiert. Frage im Zweifel, ob du ein Bild von dem Plakat machen darfst.

  • Eigentlich selbstverständlich, aber weil man manchmal nicht mehr präsent hat, was so in der Handtasche herumliegt: Waffen und andere gefährliche Gegenstände haben auf Demos nichts verloren. Dazu gehört auch das Tierabwehrspray vom letzten Waldspaziergang, das ganz unten in der Tasche liegt und das du schon längst vergessen hast. Auch Haustiere sollten zu Hause bleiben oder zumindest an einer sehr ruhigen Stelle stehen. Demos sind laut, es gibt viele Menschen, die sich teils erratisch bewegen, es gibt Gedränge und all das ist für Hunde großer Stress. Überlege dir gut, ob es eine Alternative zum Mitnehmen gibt. Wenn der Hund mitkommt, versuche es so stressfrei wie möglich zu halten. Das gilt auch für (kleinere) Kinder. Wenn du Kinder mit zu Demos nimmst, achte darauf, dass sie nicht mitten im Gedränge stehen, und, sollte es auch nur die geringste Möglichkeit einer Eskalation geben, sofort die Demo zu verlassen. Kinder können ihre Interessen und Anliegen altersgemäß artikulieren. Bitte drücke deinen Kindern keine Schilder in die Hand, die sie nicht verstehen, auch wenn es für eine gute Sache ist.

2. Selber anmelden

Vielleicht gibt es da, wo Du wohnst, keine Demos. Das Gute an der Stelle ist: Jede*r kann eine Veranstaltung anmelden. Du musst nicht darauf warten, dass ein*e andere*r das tut. Eine Demo oder Mahnwache zu organisieren ist keine Hexerei – wir zeigen Dir, wie es geht. Zunächst ist es wichtig, zu wissen: Eine Demo oder eine Kundgebung muss nicht genehmigt, sondern nur angemeldet werden.

Wo melde ich an?

Zuständig dafür ist das Ordnungsamt Deiner Stadt oder Gemeinde. Du findest die Kontaktmöglichkeiten über die Website Deiner Stadt oder über die Behördennummer 115.

Wer kann anmelden?

Grundsätzlich jede*r. Lediglich in Ausnahmefällen (einschlägige Vorstrafen wegen Landfriedensbruchs o. ä.) kann es sein, dass es nicht möglich ist, eine Kundgebung anzumelden, da dann die erforderliche Zuverlässigkeit nicht gewährleistet ist. Auch wenn Du keinen deutschen Pass hast, kannst Du eine Veranstaltung anmelden.

Wann muss ich anmelden?

Spätestens 48 Stunden, bevor man mit der Werbung für die Veranstaltung beginnt. Wenn Du etwas für Samstag planst, und Montags mit der Werbung anfangen möchtest, solltest Du bis spätestens Donnerstags in der Vorwoche anmelden (Wochenende zählt in der Regel nicht mit). Es ist aber problemlos möglich (und oft empfehlenswert), mit etwas mehr Vorlauf zu starten.
Wichtig: Bei einem plötzlichen, unvorhergesehenem Ereignis möchte man meist spontan reagieren. Beispielsweise kommen nach einem Terroranschlag oft Menschen zusammen, um ihre Trauer und Solidarität auszudrücken. Hier ist keine 48-Stunden-Frist einzuhalten, sondern es kann vor Ort eine Spontanversammlung angemeldet werden. Es empfiehlt sich, die Polizei und wenn möglich (je nach Tages- und Uhrzeit) auch das Ordnungsamt zu informieren.

Was muss ich angeben?

  • Datum, Ort und Uhrzeit/Dauer der Veranstaltung: Oft gibt es bestimmte Plätze, an denen Kundgebungen stattfinden dürfen. Bei der Anmeldung wird geprüft, ob der Ort zur gewünschten Zeit frei ist. Wenn ein Demonstrationszug geplant ist, muss auch die Route angegeben werden, damit der Verkehr ggf. umgeleitet wird.
  • Namen und Daten des Anmeldenden und der Versammlungsleitung: Die Versammlungsleitung ist während der Veranstaltung Ansprechperson für die Ordnungsbehörde.
  • Geschätzte Anzahl der Teilnehmenden: Versucht, realistisch zu schätzen, das spart unnötigen Aufwand (z.B. Sperrungen, Einsatz von Ordner*innen, auf allen Seiten). Es kann sein, dass ihr noch weitere Dinge angeben müsst, z.B. ob geplant ist, eine Lautsprecheranlage zu nutzen oder ob Flyer verteilt werden.

Wie geht es nach der Anmeldung weiter?

In der Regel bekommst du ziemlich schnell eine Bestätigung der Ordnungsbehörde über die Anmeldung. Darin stehen noch einmal zusammengefasst deine Angaben, sowie mögliche Auflagen in Bezug auf Ordner, Lautstärke oder Anderes je nach örtlichen oder zeitlichen Gegebenheiten (während der Corona-Pandemie z.B. Infektionsschutzmaßnahmen). Falls es Gesprächsbedarf gibt, kann es zu einem Kooperationsgespräch mit Polizei und Ordnungsamt kommen, bei kleineren Veranstaltungen ist das aber meistens nicht nötig.

Dann kann es mit der Werbung losgehen. Direkte Ansprache und Mobilisierung über soziale Medien spielen hier die Hauptrolle. Informiert auch die lokalen Medien über die Veranstaltung und benennt eine Ansprechperson; das kann zum Beispiel der*die Versammlungsleiter*in sein (oft, aber nicht zwingend, ist das auch die Person, die die Demo angemeldet hat). Er*sie ist auch Ansprechpartner*in für Polizei und Ordnungsamt.

Wenn du eine stationäre Kundgebung anmeldest, überlege dir im Vorfeld, wie das Programm gestaltet sein soll. Wer soll reden, wie lange soll die Redezeit sein, gibt es eine Lautsprecheranlage (wenn nicht: wo bekomme ich eine her?), gibt es ein Motto?

Einige Veranstalter ermöglichen Teilnehmenden spontane Redebeiträge (“Open Mic”). Hierbei muss man bedenken, dass es schwierig ist, Inhalt und Qualität dieser Beiträge abzuschätzen. Das will also gut überlegt sein.

Ein Punkt zur Versammlungsleitung:

 

Als Versammlungsleiter*in hat man bestimmte Aufgaben, aber keine Angst: Die meisten erklären sich von selbst und sind zu schaffen. Man beginnt und beendet die Versammlung und muss während der ganzen Versammlung anwesend sein.

Außerdem sorgt man dafür, dass die Versammlung geordnet verläuft und so, wie sie angemeldet wurde (inklusive der Auflagen). Gegebenenfalls darf er*sie dafür Ordner bestimmen, die durch Armbinden mit der Aufschrift “Ordner” erkennbar sind. Der Einsatz von Ordner*innen muss in der Anmeldung beantragt worden sein.

Hat dir der Artikel gefallen?
Wir sind für unsere Arbeit auf Spenden angewiesen. Um uns zu unterstützen, kannst du bequem unser PayPal-Spendenkonto spenden@dergoldenealuhut.de nutzen (an Freunde senden) oder unser Spendenkonto bei der Postbank.
Kontoinhaber: Der goldene Aluhut gUG (haftungsb.) IBAN: DE36 1007 0399 0054 2787 00 – BIC: DEUTDEBBP32

Wir sind eine gemeinnützige Organisation. Wir erhalten keine Fördergelder und sind für unsere Arbeit daher auf Spenden angewiesen. Wenn du uns unterstützen willst, kannst Du hier mit nur ein paar Klicks via PayPal spenden.